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Experte: E-Zigaretten unterliegen nicht NRW-Gastrorauchverboten

Kritik: Ministerin Steffens übt Gesetzesinterpretation nach Gutsfrauenart

DÜSSELDORF (DTZ/fok). Rund zwei Wochen nach dem Beschluss des NRW-Landtags mit Mehrheit von Grün-Rot, das bestehende Nichtraucherschutzgesetz deutlich zu verschärfen und auch für Gastronomie, Festzelte und Brauchtumsveranstaltungen ein totales Rauchverbot ohne Ausnahmen ab 1. Mai 2013 auszusprechen, ist im größten deutschen Bundesland die Empörungswelle noch nicht abgeklungen.

In der Presselandschaft überwiegen derzeit die kritischen Stimmen, die die Aussperrung der Raucher und die Existenznöte der Wirte beklagen. Unvergessen auch die 18 abstimmungsentscheidenden SPD-Abgeordneten, die nach dem Wahlgang bekannten, sie hätten zwar für die Gesetzesverschärfung gestimmt, dies decke sich aber nicht mit ihrer persönlichen Meinung, ihre Abstimmung ist also nicht kraft individueller Überzeugung sondern nur kraft parteipolitischem Herdentrieb, sprich Fraktionszwang erfolgt.

Auch die Interpretation des neuen Gesetzes birgt überraschende Momente. So ließ die in dieser Sache federführende Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) nach der Verabschiedung des Gesetzes verkünden, das Gastrorauchverbot beinhalte auch den Gebrauch von E-Zigaretten. Doch aufmerksame Beobachter aus diesem Geschäftsfeld stellten kurz darauf fest, dass das neue Nichtraucherschutzgesetz diese Aussage nicht abdeckt. Dort sind E-Zigaretten nicht genannt, und ob der Gebrauch von E-Zigaretten als Rauchen zu bezeichnen ist, dafür existiert kein juristisches Indiz. Lediglich in der Begründung des Gesetzentwurfs hatte das Gesundheitsministerium den Gebrauch von E-Zigaretten neben dem von Tabakprodukten und Shishas aufgeführt, für die das Gesetz gelte.

Die Begründung ist jedoch nicht Teil des beschlossenen Gesetzes. Steffens hatte schon in der Vergangenheit wiederholt den Konfrontationskurs in Sachen E-Zigarette gesucht, zuletzt, indem sie ein von ihr in Auftrag gegebenes und aus Steuermitteln finanziertes Gutachten über die Zulässigkeit des freien Verkaufs von E-Zigaretten ein Jahr lang in den Schubladen schmoren ließ, weil es zu einem anderen Ergebnis als sie selbst und ihr Ministerium gekommen war. Erst die Anfrage eines Piraten-Abgeordneten hatte dies zu Tag gebracht.

„Das Nichtraucherschutzgesetz von Nordrhein-Westfalen, das am 1. Mai 2013 in Kraft tritt, erweitert den örtlichen Anwendungsbereich des Rauchverbots, definiert aber den Vorgang des Rauchens nicht neu,“ stellt jedenfalls ein juristischer Fachexperte auf Anfrage des Verbandes des e-Zigarettenhandels fest. Was Rauchen ist, sei weder in der bisherigen noch in der neuen Gesetzesfassung definiert. Nach der einzigen dazu vorliegenden Stimme in den Kommentaren (Rathke/Zipfel Lebensmittelrecht 2012, VTabakG § 3 Rn. 8) verstehe man unter Rauchen die Erzeugung von Rauch durch eine Pyrolyse. Elektrisch erzeugter Nikotindampf entstehe nicht durch einen Verbrennungsprozess und sei deshalb kein Rauchen im Wortsinne. Folge man dem, sei die E-Zigarette von der Neuregelung nicht erfasst.

(DTZ 50/12)


11.12.2012

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